Bericht vom 08.11.2009
ZEITSPEICHER - Projekt Nikolaifriedhof
Begrüßung Kuratorin Jutta de Vries für die GEDOK
© Jutta de Vries
Text Begrüßung Vernissage Nikolaiprojekt ZEITSPEICHER:
Erinnerung-Augenschein-Erwartung 1.11.2009
Jutta de Vries
Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Folter, sehr geehrte Frau Ciecior, sehr geehrte Frau Superintendentin Dr. Spieckermann, sehr geehrte Herren und Damen, liebe Künstlerinnen!
Als Vorstandsmitglied der GEDOK Hannover begrüße ich Sie alle sehr herzlich hier in der Kapellruine St Nikolai zum Auftakt unseres Kunst-Projekts „Zeitspeicher“ im Rahmen der „Gartenregion Hannover 2009“.
Dieses Projekt bildet den Abschluß der diesjährigen Aktivitäten der Gartenregion und ist für diese stille Jahreszeit zwischen Herbst und Winter, zwischen Allerheiligen und Ewigkeitssonntag konzipiert – ihr Thema ist das Innehalten im Jetzt, im Augenschein der Topographie der historischen Parkanlage des einstigen Nikolaifriedhofs vor den Toren der mittelalterlichen Stadt Hannover. Das achtsame Innehalten in der heutigen Sphäre des Areals führt die Gedanken konsequent zurück in die Vergangenheit des Nikolaifriedhofs, seine Funktion als Seuchen- Fremden- und Armenbegräbnisstätte im Zuständigkeitsbereich des Nikolaiklosters, dessen spätere Umwidmung in ein Siechen- und Altenheim mit Pfarrkirche und Stadtteilfriedhof im Zuge der Reformation, die Auflassung im 19. Jahrhundert, Zerstörung der Gebäude im 2. Weltkrieg und Zerstückelung des Geländes durch breite Verkehrsschneisen. Die Erinnerung an die wechselvolle Geschichte führt dann den Blick in die Zukunft: welches Schicksal wird der heutigen parkähnlichen Oase mitten im brandenden Verkehr noch zuteil werden? Was kann erwartet werden von einer „Oase“, die selbst schon von einem Verkehrswegenetz durchzogen ist, die als schnelles Verbindungselement für eilende Fußgänger und rasende Radfahrer mehr dient als beispielsweise der erholsamen und erheiternden Kontemplation beim Lesen der vielen herzerweichenden Grabinschriften? Erinnerung – Augenschein- Erwartung: das ist der Zeitspeicher, mit dem sich die vier Künstlerinnen des Projekts Ursula Jenss-Sherif, Erika Klee, Gabriele Klimek und Barbara Lorenz Höfer in vielen intensiven Augenschein-Stunden hier auf dem alten Nikolaifriedhof im Dialog mit Vergangenheit und Zukunft auseinandergesetzt haben. Die künstlerischen Ergebnisse werden wir im Anschluß an diese Feierstunde gemeinsam auf einem Rundgang erschliessen.
Dazu laden wir Sie herzlich ein, ein Glas Prosecco oder Wasser als Wegzehrung mitzunehmen. Diese „Labung“ wird Ihnen ausgeschenkt von den Mitgliedern des Ortskuratoriums der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die sich der Reinigung und Konservierung der Denkmale auf dem Nikolaifriedhof mit großem Engagement widmet. Sie finden dort Flyer über die Arbeit des Ortskuratoriums und auch die Spendenbox, die für die Arbeit der Stiftung unerlässlich ist, mit herzlicher Bitte um Beachtung. Die Informationen über Aktivitäten der GEDOK liegen ebenfalls dort aus.
Mir als Koordinatorin des Projekts bleibt zum Beschluß die Aufgabe, Danke zu sagen.
Dank an die Gartenregion Hannover, die unser Projekt gewählt hat, dank an die Stiftung Niedersachsen und das Kulturbüro der Stadt Hannover für die großzügige Förderung, dem Kulturbüro mit Frau Ciecior und Frau Jegodka besonderen Dank für die stets präsente Ansprache und tätige Hilfe, dank an das Amt für Denkmalpflege für unbürokratische Genehmigungen, Dank an das Grünamt der Stadt und an unsere großzügigen Sponsoren Bertram und Janisch Galabau für zupackende Manneskraft beim Aufbau, Dank an unsere GEDOK-Musikerinnen Sabine Bleier und Junko Miki, die mit ihrem professionellen Flötenduo dieser Veranstaltung den würdigen Rahmen geben und Dank an Frau Superintendentin Dr. Ingrid Spieckermann für ihre Bereitschaft, unsere Ausstellung an diesem wichtigen christlichen Tag mit einer Andacht zu eröffnen.
Gegen das Vergessen nähern sich die vier Künstlerinnen der GEDOK Hannover der wundersamen Nikolai-Insel im brandenden Verkehr. Mit ihren Arbeiten zum Thema ZEITSPEICHER wollen sie die Öffentlichkeit an die mittelalterliche und barocke Vergangenheit des Ortes erinnern und auf diese Weise die einstigen Zeiten speichern. Die frühe karitative Vergangenheit und die Lebensläufe dort bestatteter Persönlichkeiten werden ebenso thematisiert wie die unbekannten Schicksale von Normalbürgern, Pilgern und Durchreisenden, die hier ihre letzte Ruhe fanden und deren Namen längst vom Winde verweht sind.
Ursula Jenss-Sherif lässt das Engelsmotiv eines Grabsteins im gesamten Areal als vergrößerte Farbreliefs wiederkehren; Erika Klee reiht ihr Grabmal für die unbekannten Toten ein, Gabriele Klimek verpflichtet in ihren surrealen nachtaktiven Film- und Fotoarbeiten auch den Vollmond als Darsteller und Barbara Lorenz Höfer, als Holzbildhauerin mit der Kunst kostbarer Fassungen vertraut, verstreut vergoldete Buchstaben in Gedenken an Hannovers Dichter und Hofvergolder im Gelände, die sich zu Texten zusammensetzen lassen und die Besucher in der Novemberkälte zum Scrabble-Spiel verlocken.
Es entsteht ein Gesamtkunstwerk auf Zeit, das die zerschnittenen Teile des Friedhofes visuell zusammenfügt und auch die Celler Straße einbezieht, die beide Parkteile trennt. Der Friedhof bleibt spiritueller Speicherort, aber transportiert als Durchgangsort Botschaften von Außen nach Innen und umgekehrt.
Eintritt frei – Rundgang herunterzuladen unter www.gedok-hannover.de
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