Bericht vom 22.09.2018
Vom Ketzer und Gelehrten zum Heiligen und Helden:
Martin Luther als Spielball der Bildenden Kunst im Wandel der Zeit
© Jutta de Vries
Vom Ketzer und Gelehrten zum Heiligen und Helden:
Martin Luther als Spielball der Bildenden Kunst und seine kunst-mediale Präsenz im Wandel der Jahrhunderte
Bildvortrag im Rahmen der MAS – Jahrestagung,
MARITIM Hotel Travemünde
30.11.2017 ©Jutta de Vries
Meine sehr geehrten Herren und Damen,
in den letzten Tagen, ja, um ehrlich zu sein, in den letzten 10 Jahren, der sogenannten von der EKD ausgerufenen Luther-Dekade nämlich, war Martin Luther, der Reformator, Prediger, Seelsorger, Gelehrte, Professor, Exegetiker, Schriftsteller, Sprachschöpfer, Dichter, Musiker, Bildungsreformer, Gesellschaftspolitiker, Ehemann und Vater, aber auch scharfzüngiger, selbstbewußter Rebell in eigener Sache und Medienmogul in aller Munde und auch im Bild gegenwärtig, besonders auf der Zielgeraden, nämlich im 500. Jubiläumsjahr des Thesenanschlags von 1517.
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In der interessanten Grafik von Regina Gössinger zur Lutherdekade formen die vielen Facetten des Reformators sein heutiges Bild – aber ist es vollständig? Nirgends im Antlitz findet sich das „beyssig sein“, die Ungeduld und Intoleranz, die in den neueren Untersuchungen zum zeitgenössischen Luther durchaus aufgezeigt werden.
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Er hat nämlich nicht nur die Thesen mit dem Hammer angeschlagen, sondern den Hammer verbal und in Bildern auch auf die unliebsamen falschgläubigen Zeitgenossen fallen lassen, auch von den Kanzeln herab.
So könnte man auch die verschiedenen „Hammer“-Darstellungen zum Jubiläum in diese Richtung deuten.
Aber Luther ist nicht erst in dieser Dekade im Fokus des Interesses. Es wird gesagt, daß es von keinem anderen Menschen so viele Bildnisse und Darstellungen gäbe wie von unserem Reformator.
Unzweifelhaft ist die Zeit, in die er hineingeboren wurde, das Zeitalter der Renaissance, des Aufbruchs des Menschen zu sich selbst, zur Welt und ihren Möglichkeiten, ein wichtiger Unterstützer seines Erfolgs.
Ähnlich euphorisch wie wir Heutigen als „Mitspieler“ im rasenden Kommunikationswirbel der Digitalisierung, müssen die Menschen vor rund 500 Jahren gefühlt haben, als Gutenbergs Erfindung der beweglichen Lettern für den Buchdruck und der mechanischen Druckmaschinen mit einem Schlag das Nachrichtenwesen revolutionierte, weil man viel rationeller und kostengünstiger drucken konnte. (Wird für 1440 angesetzt)
Allerdings hat die Geschichte des Flugblatts bereits lange vor Luther Anfang des 15. Jh. mit der Entwicklung des Holzschnitts angefangen. Es gab die sogenannten „Einblattdrucke“, darunter natürlich die Riesenauflage an Ablaßbriefen.
Zu Luthers Zeit erfahren dann die „Laufzettelein, die sich selbst auf die Beine bringen“ einen explosionsartigen Zuwachs und unterstützen die Verbreitung der neuen Lehre. Es entstanden bis zur Bauernkriegszeit 1525 rund 11 000 Drucke in über 11 Mio Exemplaren. Ab 1519 stieg die Produktion deutscher Publikationen innerhalb von 3 Jahren um 700%, obwohl nur etwa 1% der Menschen lesekundig waren.
Jutta Krauß vermutet, daß dieser Umstand die Verbreitung keineswegs behindert hat. Es wird berichtet, daß auf Marktplätzen vorgelesen, diskutiert und mündlich weiter getragen wurde.
Also Info für alle, unterhaltsame Kommunikation über den Glaubensstreit, Propaganda fürs ganze Volk - Mittelalter ade, Neuzeit komm her - mit der Reformation.
Die Lust an der Diskussion per Bild und Schrift ist groß,; wie heute auf Facebook und Twitter gibt es damals eine erstaunliche Freiheit der Meinungsäußerung –und ich glaube fast, die intrinsische Motivation zum Lesen lernen ist mindestens so viel den interessanten Flugblättern und Flugschriften zu verdanken wie der deutschen Bibelübersetzung Luthers. Manche Texte sind sogar dramaturgisch angelegt, damit man sie mit verteilten Rollen lesen und spielen konnte. Das weit über 50 Jahre andauernde polemische Streitspiel, das im wesentlichen auf der Straße stattfand, war die Bildzeitung, das Radio und das Fernsehen von einst.
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Für unser heutiges Thema ist ein Zufall der Geschichte besonders wichtig, nämlich das Zusammentreffen zweier kongenialer „Medienkünstler“, so will ich den Wittenberger Hofmaler Lucas Cranach mit seiner großen, effektiven Werkstatt und seinen Freund Martin Luther einmal benennen. Über dieses Thema hat ja schon im Frühjahr die Kollegin Ursula Weiß hier referiert, deshalb gehe ich nur kurz darauf ein.
Die Lutherporträts, die Cranach und seine Werkstatt in regelmäßigen Abständen anfertigten, waren wichtige Zeugnisse für die neuen Gemeinden und auch die gegnerische Seite, um zu belegen, daß Luther noch lebte und nicht etwa, wie oft auf Flugblättern beschrieben, zum Teufel mutiert oder gar in die Hölle gefahren war. In einer Zeit der Leichtgläubigkeit war dies sehr wichtig. Deshalb sind die Porträts zu Lebzeiten und später immer wieder von anderen Meistern millionenfach kopiert und vervielfältigt worden, dabei ergeben sich je nach den Stilrichtungen der Epoche, den gesellschaftlichen und politischen Auffassungen interessante Modifikationen. Aber selbst wenn der Protagonist nur noch als stilisierter Typus dargestellt wird, können wir ihn als Martin Luther erkennen – so stark ist unser kollektives historisches Gedächtnis von diesem Mann geprägt, der wie kein anderer die Zeiten nach dem Mittelalter beeinflußt hat.
Mit meinem heutigen Vortrag möchte ich mit Ihnen überlegen, was wir aus den Lutherbildern im Lauf der 5 letzten Jahrhunderte in Bezug auf historische Gegebenheiten herauslesen können.
Die zeitgenössischen Abbildungen habe ich hier einmal zusammen gestellt, auch Katharina darf nicht fehlen.
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Diese Darstellung als Mönch gilt als die erste, die Cranach 1520 angefertigt hat, vermutlich auf Bestellung von Friedrich dem Weisen, der sie vorab zum Reichstag nach Worms schicken wollte, damit man sich von dem aufrührerischen Mönch schon ein Bild machen konnte. Offensichtlich gibt es nur ganz wenige Probeabzüge davon, da Friedrich nicht zufrieden war: Luther schaut zu streng, zu asketisch. Cranach glättet die Züge etwas und setzt die Halbfigur in einen Bogen – schon ist die Bedeutung und die Wirkung gesteigert. ABB4 Die lateinische Unterschrift beläßt er: „Ein ewiges Abbild seines Geistes drückte Luther selbst aus. Cranach zeichnete nur die äußerliche und sterbliche Gestalt, 37 J. 1520“
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Es ist natürlich für die Legitimation wichtig, zu wissen, wo kommt so ein Aufrührer her. Daher malt Cranach das Elternpaar.
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In Eisleben gibt eine Computer-Animation wieder, wie die Eltern zu Zeiten von Martins Geburt ausgesehen haben mag – konnte ich Ihnen nicht vorenthalten!
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Die Ähnlichkeit mit Martin auf dem berühmten Hochzeitsbild von 1525 ist jedenfalls gut erkennbar. Das Hochzeitsbild wird viel kopiert und auch in Druckversion vertrieben, es ist ein ganz wichtiges Instrument im Kampf gegen die Schmähungen der Katholiken, die gegen die Rechtmäßigkeit der Ehe eines Priesters und einer Nonne scharf polemisieren.
ABB 9-11
Wir sehen aus den unterschiedlichen Beispielen, wie die Ehrbarkeit förmlich herausgestellt wird. Solche Darstellungen sind übrigens bisher ausschließlich dem Adel vorbehalten gewesen. An Luthers Beispiel erstarkt das Bürgertum und der Boom der Hochzeitsbilder beginnt.
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Mit diesem Deckel einer Spanschachtel sind wir dann beim Gala- oder Bildzeitungs-Niveau angekommen,
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Der Verfasser des Familienbildes denkt sich sogar effekthaschend das Konterfei der verstorbenen Tochter Magdalena aus, obwohl von ihr kein Bild bezeugt ist.
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und ein kleiner romantischer Kick ist es tatsächlich, wenn man Katharinas Ehering bewundern darf.
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Ein Beispiel, wie man auch arbeitssparend und bissig gegenläufige Infos unters Volk bringen konnte, sind diese beiden Flugblätter: Der teuflische Drache, der dem Papst rechts ein höllisches Buch in die Hand gibt, wird ersetzt durch die Lutherfigur, die auf dem Reichstag zu Worms dem Papst das Wort entgegenhält.
Die Schnittlinie ist noch deutlich zu sehen.
ABB16+17
Zu Beginn der Reformation bemühen sich die Gelehrten und Autoren der reformierten deutschen Bildungselite noch deutlich um Information. Das sehen wir an diesem Blatt links, das die alte und neue Kirche zu beiden Seiten der Mittelachse in den wesentlichen Aussagen gegeneinander stellt, nicht ohne kleine Hetzkampagnen.
Mittelachse: Hölle, Adam+Eva, Kreuz, Taube Gottvater
Rechts alte Kirche Papst und Ablassprediger Eck, Emser, Chochleus unterm Kreuz des bösen Schächers Herkunft von der babylonischen Hure auf dem siebenköpfigen Drachen, Höllentor steht offen, Himmelstor bleibt verschlossen.
Links Luther predigt unterm Kreuz des guten Schächers, Reiter „Treu und Wahrhaftig“ aus der Offenbarung, führt die gleichberechtigte Christengemeinde vor. Gottvater weist segnend auf das Geöffnete Himmelstor, Hölle bleibt zu.
Die nebenstehende Grafik bemüht sich aus katholischer Sicht um Darstellung der Glaubensinhalte: bezeichnend: Papst im Mittelpunkt, Apostel, Berufung auf 7 Sakramente. Christus läßt am unteren Rand Luther, Zwingli und Calvin im Weltmeer ertrinken.
Luther erscheint hier aus jeweiliger Sicht als Glaubenslehrer oder Ketzer.
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„Beyssig sein ist nutz und not, dass man straff die hartten kopffe“, hatte Luther 1521 in seinem unerschütterlichen Sendungsbewußtsein gesagt, als er auf seine grobianischen Worte angesprochen wurde. Und ergänzt: “Ich bin dazu geboren, dass ich mit den rotten und teuffeln muß kriegen und zu felde ligen, darumb meine bücher viel stürmisch und kriegisch sind. Ich mus die klötze und stemme ausrotten, dornen und hekken weg hawen, die pfützen ausfullen und bin der grobe waldrechter, der die ban brechen und zurichten mus“.
Aber wie wir sehen, hat nicht allein Luther sich im Fäkalienpfuhl gesuhlt. Genau wie er schoß die katholische Bildungselite der Zeit alle zur Verfügung stehenden Giftpfeile ab und nutzte auch die gesamte Zoologie, um möglichst gemein zu sein und den Gegner in der Erfindungsgabe zu übertreffen. Im Grunde genommen ging es nur um die beiden personifizierten Pole Luther und Papst. Ich habe hier eine kleine Auswahl, die Sie gleichzeitig erheitern wie auch entsetzen wird.
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Einer von Luthers schärfsten Gegnern ist der Magister und fürstliche Rat Georgs von Sachsen, Thomas Murner. Er wird gezeigt auf dem Boden kriechend als der höllenentsprungenen mythologischen Leviathan mit dem obligatorischen Kater-Murr-Kopf, der Feuer, Gestank und Schwefel speit, während Luther wie eine Gottheit darüber schwebt. – Vorbild auch für spätere Denkmäler.
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Die Antwort läßt nicht lange auf sich warten: Der mit wehender Soutane bekleidete Murner zieht dem mit Narrenkappe verzierten Luther lauter kleine Narren aus dem Mund und beschimpft ihn als die Summe aller Dummheit.
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Auf der Gegenseite geht es nicht weniger martialisch zu: Hans Holbein läßt Luther in die Rolle des Hercules schlüpfen, mit der gleichen Bewegung wie Murner schwingt er die Keule, ähnlich dem Hammer, der den alten Glauben tötet. Daß dabei realistisch und mit Namensbändern eine Personifizierung stattfindet, läßt Luther wie einen Mörder aussehen. Diese Darstellung hat sicher nicht zu seinen Ehren beigetragen, nutzte aber später den Nazis.
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Der Schreiber nennt sich „der treue Eckhart“ Er warnt vor den drohenden Folgen von Luthers Süppchen, das er gemeinsam mit dem Teufel kocht- ein ordentliches Höllenfeuer aus Lüge, Gotteslästerung, Aufruhr,
Teuerung, Hoffahrt usw, alles gewürzt mit Gall und Gift. Die teuflischen Musikanten preisen „Lothers Falsch“, am Feuer wünschen kleine Ungeheuer noch Hagel, Pech und Schwefel für die Frommen.
Auf Luthers Schulter sitzt übergroß der Rabe, der Unglücksbote
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Bei Hans Sachs hingegen, dem luthertreuen Meistersinger aus Nürnberg, wird der Rabe zur Nachtigall, die von der frohen Botschaft singt.
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Verbreitung finden auch Darstellungen Luthers bei der Bibelübersetzung, hier in Anlehnung an Dürers Hieronymus im Gehäus. Dadurch wird Luther in die Nähe des Heiligenstatus gerückt, auch die strahlenartigen Holzschnitte um sein Haupt weisen darauf hin.
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In dieser ähnlichen Darstellung wird er als Evangelist Matthäus bezeichnet, der Engel und die Ewigkeits-Pfauen am unteren Bildrand bestärken die gottesnahe Anmutung.
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Die papsttreue Seite ist aber kein bißchen faul in ihren Schmähblättern. Hier wird die Vielköpfigkeit, die unheilbringende Hydra der antiken Sage, aber auch der siebenköpfige Drache aus der biblischen Apokalypse des Johannes zitiert und auf Martin Luther projeziert. Hans Brosamer hat hier Luther als Irrlehrer mit zahlreichen Widersprüchen dargestellt, passend zur Streitschrift von Johannes Cochlaeus von 1529. Der übergroße Mönchskörper mit dem klitzekleinen Buch hat 7 verschiedene Gesichter: der Doktor mit Hut, der altkirchliche Heilige, ein Türkenkopf, der Luther als Ungläubigen meint, als Ecclesiast, also Kirchenlehrer, als Schwärmer von Wespen umnebelter, als Visitierer, der den Papst auf seine Fehler hinweist und schließlich als Barrabas, der Mörder, den die Juden statt Jesus begnadigt sehen wollten. Der ist hier als Faun mit Keule dargestellt, eine Anspielung auf die Beschuldigung, Anstifter zu den Bauernkriegen zu sein.
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Kleine Kostprobe von Cochläus Wortgewalt, die Luther in nichts nachsteht:
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Es kommt noch schlimmer: Cochlaeus nimmt Bezug auf Luthers produktive Schreibtätigkeit und zeigt ihn, von Teufeln umgeben, wie seine Schriften aus dem Anus „geboren“ werden. Seine Anhänger wenden sich schon ab, Friedrich der Weise bleibt noch.
Dieses Thema ist im bildnerischen Schlagabtausch der Reformationsanfänge häufig auf beiden Seiten zu finden, Luther selbst entwirft in seinem letzten Lebensjahr 1545, in dem er besonders „beyssig“ wird, Pamphlete mit dieser Thematik. Vielleicht sind die Beschimpfungen Ersatz für die im MA sonst gebräuchlichen Verwünschungen und Flüche, von deren heidnischem Gestus Luther sich fern halten will – eine mögliche Erklärung. Außerdem ist die Sprache der Zeit insgesamt wesentlich deftiger gewesen, als wir es uns vorstellen mögen.
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Hier zum Beispiel verschmilzt ein gräßlich gefiedertes Wesen mit Bauchfratze fast unlösbar mit einem Mönch, beide werden zu einem einzigen zweiköpfigen Monstrum. Der Teufel benutzt den Mönchskopf als Luftblase einer Sackpfeife, das Anblasrohr führt durchs rechte Ohr, die Nase wird zur Spielpfeife verzerrt.
Bilder haben ja auch immer eine Bedeutungsebene, und der Dudelsack steht mit seinem weiteren Namen „Bock“ auch für den Teufel und wird mit einer der sieben Todsünden in Verbindung gebracht, der Maßlosigkeit und Begierde – er ist ein beliebtes Volksinstrument, das auf Festveranstaltungen jeglicher Art zum Einsatz kam.
Diese eindrucksvolle Frühform der physiognomischen Karrikatur –der Holzschnitt von Erhard Schön ist entstanden 1530 - kann interessanterweise mehrdeutig gelesen werden – zum einen als Verspottung des altkichlichen Mönchswesens, zum anderen besonders wegen der Ähnlichkeit der Person als bösartige Luther-Karrikatur.
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Eine der späten eigenhändigen Pamphlete Luthers.
Hier nagelt er kurzerhand die katholischen Protagonisten an ihren Zungen an ein Kreuzgestell.
Wir erfahren Luther als enttäuschten, sein Lebenswerk gefährdet sehenden, erschöpften, erbitterten Kämpfer.
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Dabei hat er gerade noch mit Cranach an den schönen Bildinhalten eines ersten rein evangelischen Altars gearbeitet, der Taufe, Abendmahl, Gnade durch Reue (Beichte) und in der Predella die Predigt zeigt, eine wunderbare Bilderfindung zur Darstellung der neuen reinen Lehre. Cranach setzt Luther zentral mit ins Bild, insbesondere als Prediger.
Erst nach Luthers Tod wird der Altar in der Wittenberger Stadtkirche geweiht.
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Aber das Motiv wird vorab schon in einem Flugblatt 1546 als Holzschnitt verwendet:
Luthers Predigt steht zentral, simultan wird das Abendmahl in beiderlei Gestalt gefeiert, während linkerhand die Papisten im riesigen Höllenschlund versinken.
Dieses Blatt ist schon ein Vermächtnis, denn Luther stirbt im Februar 1546.
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ABB34
Dies ist wohl die letzte Zeichnung nach dem Lebenden, Johann Reifenstein hat sie1545 Melanchthon ins Notizbuch gezeichnet. Melanchthon hat die Zeichnung dann nach Luthers Tod kommentiert.
ABB35-41
Nun muß die Medienmaschinerie wieder voll auffahren: Umgehend müssen Abbildungen und Berichte über Luthers friedliches Hinscheiden in Gott in Umlauf gebracht werden, um den katholischen Berichten, er sei zur Hölle gefahren, entgegen zu treten.
Abb42+43
Der Leichnam wird in der Schloßkirche Wittenberg beigesetzt, eine bronzene Grabplatte nach der ganzfigurigen Cranach-Zeichnung in Auftrag gegeben, die aber wegen der Kriegswirren in Jena Aufstellung fand. Erst seit 1983 befindet sich eine Kopie in Wittenberg, und Katharinas Sandstein-platte aus Torgau von 1555 habe ich auch mitgebracht.
Bis zu seinem Tod ist Luther in seiner drastischen Ausdrucksweise immer schärfer geworden, wie wir gesehen haben. Sogar Melanchthon kam in der Totenrede nicht umhin, darauf einzugehen. Er bediente sich dabei einer Sentenz des großen Erasmus von Rotterdam, der mit Luther so manchen scharfen Disput ausgefochten hatte. Erasmus erweist sich im Nachruf nämlich als Humanist im wahrsten Sinn: Gott habe mit Luther dem Zeitalter ein scharfes Heilmittel verordnet.
ABB44-46
Er nimmt aber auch Bezug auf Jan Hus, über den wir ja schon beim Thema Böhmen gesprochen haben. Er hatte 100 Jahre zuvor auf dem Scheiterhaufen zu Konstanz prophezeit, „jetzt verbrennt ihr eine Gans, (Hus bedeutet Gans auf böhmisch), aber es wird ein Schwan kommen, den müßt ihr auslassen“ und verbindet dies mit Luther. Fortan gibt es viele Darstellungen von Luther mit dem Schwan, von denen ich 3 Beispiele mitgebracht habe.
ABB47
Mit den Luther-Darstellungen nach seinem Tod beginnt so etwas wie eine Heiligenverehrung. In großformatigen Darstellungen (S.o.) sehen wir das, aber auch in Glasfenstern oder in den altbewährten Flugblättern.
ABB47)(48-49
Zum Beispiel im kostbaren Blatt aus der Cranachschule, das 1548 nach dem vergeblichen Gesuch um ein erneutes Konzil in Deutschland entstand, werden Kaiser, Papst und Genossen von Gottvater in die Hölle geschickt und von den Protestanten nieder gesungen mit Luthers schönem Glaubenslied „Erhalt uns Herr, bei Deinem Wort“. Links sind Luther, Kurfürst Johann Georg, Cranach, Melanchthon zu sehen, rechts die jeweiligen Damen: Fürstin Sibilla von Cleve, die Cranachin und Katharina von Bora sind auszumachen.
**Auf dem s/w Schnitt sieht man die Verlorenen noch deutlicher.
Prominent erscheint Luther neben dem ebenfalls verstorbenen Cranach auf dem Weimarer Altar, auch da läßt der jüngere Cranach keinen Zweifel an der Heiligkeit der Figuren neben Joh. Dem Täufer und Christus.
ABB50-54
Man läßt sich Bibeln drucken und mit Luther-Porträt ausgestalten, oder man zeigt, daß man einen Teil des Kampfs mit Luther gemeinsam gefochten hat, indem man ihn in sein Epitaph mit aufnimmt oder, wir Paul Eber, eine grundsätzliche Gleichnisbewertung als Vermächtnis abgibt.
In den 1560er Jahren herrscht eine Zeit der Angst um die Befestigung des neuen Glaubens. Im schmalkaldischen Krieg siegt der Kaiser, Johann I. verliert Wittenberg und die sächsische Kurwürde, er geht nach Weimar ins Exil. Die katholische Kirche betreibt mit dem neu gegründeten Jesuitenorden ihrerseits eine Erneuerung.
ABB55+56
Auf diesem Hintergrund sind die neuen Pamphlete zu sehen,.
Im folgenden wird nach dem Schmalkaldischen Krieg voller Freude der lutherische Leichnam seziert, Vorbild sind die Zeichnungen der Niederländer, auf die auch Rembrandt später zurück greifen wird.
Die Lutheraner geben aber so schnell nicht auf. Auf dem Fuß folgt der Triumphzug Luthers,. Allein durch das Zeigen der geöffneten Bibel zerbricht der Thron des Papstes, obwohl er noch von seinen Anhängern gestützt wird.
ABB58+59
Die Glaubensküche von 1570 zeigt einen versöhnlichen, vernünftigen Aspekt in Bezug auf die inzwischen entstandenen unterschiedlichen reformatorischen Ansätze, das spätere Werk nimmt die Thematik auf.
Am Tisch speisen miteinander und doch jeder etwas anderes, die Reformatoren Calvin (Kalb) und Luther (spielt Laute), der Papst ist sogar dabei und isst Brei (evtl. vergifft?), der Widertäuffer leckt die Pfanne aus, Auf dem Kaminsims stehen die Vertreter religiöser Toleranz um die Caritas herum. Die Eintracht bringt Hirsch (siehe Psalm 100) die Köchin heißt ratio, Vernunft. Das Blatt geht auf die niederländische Vorlage von Dierk Volkertsz Coornherr(1522-1590) zurück, der ein führender Vertreter der Toleranzidee war.
ABB60-62
Luther wird in dieser Zeit den Gläubigen im Bild posthum verzweifelt und intensiv vor Augen gestellt, und es haben sich zahlreiche Werke erhalten, die eine Luther-Äußerung aufweist, die auch schon von Melanchton in der Grabrede erwähnt wurde: „Im Leben war ich Dir eine Pest, im Tod werde ich Dein Tod sein, Papst“
Wir finden das Zitat hier auf einem älteren Cranach-Bildnis und auf einer Trias mit Melanchthon und Calvin.
Zum Luthergeburtstag 1983 greift der DDR-Künstler Uwe Pfeiffer das Thema wieder auf: hier kommt die Botschaft aus dem Fernseher und führt über den Peace-Bogen mit den geflügelten Gedanken weit aus dem geöffneten Fenster.
ABB64Pause
Energieträger Luther!
ABB66 -67
Inzwischen sind wir im 17. Jh. angekommen, das 1. Jubiläum des Thesenanschlags wird gefeiert – auf Anordnung des Weimarer Fürstenhauses. Dieser Holzschnitt mit Text ist ein Erinnerungsblatt, entstanden zum 1. Jubeljahr nach dem Thesenanschlag, also 1617. Das erfährt man durch ein kleines Anagramm-Spiel. Die Menschen damals waren mit dieser Art sehr vertraut, Auch Symbole und Metaphern waren allgemein verständlich.
Wenn da steht „Jubilate animis gratis, jubilate deo“ läßt sich aus den hervorgehobenen Buchstaben die römischen Zahlen zusammenrechnen, so daß 1617 herauskommt.
Luther steht im Tor der befestigten Gottesstadt und wehrt dem feuerspeienden Löwen-Drachen mit der Papst-Tiara ab, allein durch das Entgegenhalten der aufgeschlagenen Bibel, also allein durch das Wort, das hier als „Licht“ bezeichnet wird.
Der Ablaßhändler läuft davon, seine Narrenkappe ist umschwärmt von Wespen und Mücken, die Mäuse – gemeint sind die Mitglieder des neu zu Gegenreformation gegründeten Jesuitenordens – laufen hinterher.
1617, kurz vor Beginn des 30jährigen Krieges, macht sich hier Zuversicht im evangelischen Lager breit.
ABB68
Erinnerung wird groß geschrieben, die Gläubigen müssen bei der Stange gehalten werden, es ist der Vorabend des fatalen 30jährigen Kriegs.
Deshalb werden die handelnden Personen der Reformation vielfach zitiert,
Friedrich der Weise und Johann I.,
ABB69
Im weiteren großformatig Friedrich mit der Wittenberger Stadtansicht im Hintergrund, in der Luther auf den Gekreuzigten verweist.
ABB70
Der große Glaubenskrieg hat begonnen.
Luther wird in diesem Flugblatt in die Nähe des Propheten Daniel mit seinen Durchhalte-Parolen gerückt.
Hier kommt Luther aus dem Jenseits als Engel, mit Johannes-Apokalypse und Posaune, um den Papst zu Fall zu bringen. Der Text ist wie ein Theaterstück aufgebaut, es treten der Papst, Tetzel, die Jesuiten, ein Engel und Luther auf. Der beendet den Disput mit einem Gebet für die reformatorische Sache.
ABB71
Mitten im 30jährigen Krieg entsteht dieses bekannte Blatt. Es zeigt Luther (mit Bauch in der Schubkarre und seinen Anhängern in der Kiepe sowie Katharina mit Wickelkind, den sächsischen Löwen an der Leine. Sie sind sinnbildlich für die Glaubensflüchtlinge aus Böhmen, da dort die Jesuiten im Auftrag Kaiser Rudolfs die Gegenreformation mit harter Hand durchführen.
Die Katholiken halten die Reformation für gescheitert.
ABB72
Die vereinigten Reformierten stehen im Krieg aber zusammen und geben nicht auf. Luther hat die Kerze, das Licht der Hoffnung weithin sichtbar auf den Leuchter gesteckt, sagt der Text.
ABB73
1630 wird trotz der immer schlimmer werdenden Kriegssituation das Jubiläum zur Augsburger Konfession gefeiert, Das Flugblatt zeigt deutlich die dunklen Gewitterwolken über der Welt. Luther ist hier der Kämpfer, er sticht mit langer Wort-Lanze dem Papst ins Herz.
ABB74
Zum 200.Jubiläum des Thesenanschlags wird Luthers gesamte Lebens- und Wirkungsgeschichte auf ein Blatt im Stil der Neuruppiner Bilderbogen gebracht, die damals sehr beliebt waren. Zeitzeugen gab es ja keine mehr, so bleibt die Geschichte präsent.
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Schwierige Zeiten sind es 1717. Nach dem 30jährigen tobt nun der Nordische Krieg. Neben Luther und dem Kurfürsten sind im Hintergrund Melanchthon und Gustav Adolf von Schweden anwesend, die Allegorie des Glaubens hat große Ähnlichkeit mit der gekrönten Madonna.
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In diesem Jahr gibt August Hermann Francke in Halle eine neue LutherBibel heraus, er hat sich mit seinen Waisenhaus- und Schulanstalten der von Luther geforderten breiten Erziehungaufgabe gewidmet und missioniert in der ganzen Welt. Das hier gezeigte Lutherbild hat eine dynamische Kraft, die Frisur ist modisch verändert.
ABB77-80
Es werden im 18. Jh. wieder vermehrt Luther-Bildnisse gestaltet.
Auch Frauen wagen sich an eine Kopie, die unterschiedlichsten Ausdrucksformen und Materialien werden verwendet.
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1730, zum 200. Jahrestag des Augsburger Bekenntnisses, entsteht in Hamburg dieses Glaubens-Bestätigungs-Blatt. Am Baum blühen alle wichtigen lutherischen Glaubensartikel.
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Man solls nicht glauben, aber auch 200 Jahre nach Augsburg ist der Streit noch gehässig. Ebenfalls 1730 erscheint ein Druck mit Luthers Lotterleben, u.a. Gänge ins Bordell u.ä. In der Mitte bläst ein Teufel ihm seine Lehre von hinten ein.
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Indessen hat sich aber die Teilung der Glaubensrichtungen gefestigt.
Das neu aufgebauten Geburtshaus in Eisleben erhält eine bemerkenswerte Kartusche über dem Eingang.
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Das alte Holzbild, das dort hing, hatte wie durch ein Wunder den Brand überstanden und galt von da an als Wunderbild, wenn nicht gar wundertätig. (es war aber, wie sich später herausstellte, lange vorher abgenommen worden, wegen Restaurierungsbedarf).
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Diese Holztafel sollen angeblich die Burschenschaftler bei ihrem Protestmarsch auf die Wartburg 1817 mitgeführt haben und seitdem wird sie patriotisch verehrt – ist aber ein Märchen. Wir spüren die Sehnsucht nach Überhöhung und Glanz, die besondere Verehrung ausdrücken soll
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Die Aufklärung kündigt sich an. Besonders Joh. Heinr. Fichte, der in Jena studiert hatte, hebt Luthers rationale Auslegung der Bibel hervor und macht ihn zum Helden der Zeit. Welch eine Wandlung im Ideal-Porträt!
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Ein interessantes Blatt, das Geist und Wort über die Epochen und Zeiten hinweg zu vereinigen sucht, ist dieses Beispiel, nachdem die Glaubenswelten durch viele Kriege durchgeschüttelt worden waren.
Was gilt hier als wahr? Nicht mehr katholisch gegen lutherisch wird hier gefragt, sondern Geist steht gegen das Wort. Daher stehen sich auch nach altem Kontrast-Schema Vertreter des Geistes: die Apostel Petrus und Paulus, auch Bartholomäus ist auszumachen - den Vertretern des Worts: Papst, Luther, Kaiser, Könige, Wissenschaftler – gegenüber. Die Antwort bleibt offen. Luther gerät hier unter die Philosophen einer neuen Toleranz, die ihm zu Lebzeiten allerdings fremd war.
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Unverkennbar haben wir es bei diesem Gedenkblatt 1817 mit der nach-napoleonischen, klassizistischen Epoche zu tun. Luther erfährt eine von geistigen Wesen beflügelte Apotheose, sein Status als Träger religiöser geschichtlicher Funktion wird weltlich bestätigt.
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Und schon wird im Zeitalter der Heroenverehrung an ein Lutherstandbild gedacht. Schadow wird mit der Planung und Ausführung für Wittenberg zum 300.Ref. Jubiläum beauftragt, Seine Skizze nimmt als Vorbild durchaus die gegenreformatorische Pestsäule, auf die Anton Woensam den „Ketzer“ 1522 gesetzt hatte.
ABB90
Und so sah das fertige Denkmal dann aus, Mutter, Vorlage, für viele weitere Standbilder, einschließlich der vielen kleinen Abgüsse für die häusliche Heiligenverehrung
ABB91-99
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Flugblätter oder Gedächtnisblätter gab es nach wie vor: hier ein besonders schönes, koloriertes, in dem Luther und Melanchton Gustav Adolf und KarlXII von Schweden gegenüber stehen. Es stammt wahrscheinlich aus den schwedisch besetzten Teilen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns.
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Nach der Gründung des Deutschen Reiches durch Bismarck, das heimlich anknüpfen sollte an das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, in dem Luther so tapfer gekämpft hatte, wurde er zur identitätsstiftenden vaterländisch – einigenden Helden-Figur. Zu den Gedenktagen entstanden ausladende Historiengemälde, öffentliche Gebäude wurden ausgemalt und mit Lutherzyklen behängt. Mehrere von Institutionen beauftragte Künstler waren beteiligt, hier ist eine Auswahl:
Besonders beliebt waren Druckzyklen biedermeierlicher Art, in denen Luthers Familienleben breit thematisiert wurde. Diese Darstellungen hatten Vorbildcharakter für das evangelische Pfarrhaus und das Verständnis von heiler Familie im allgemeinen. Weihnachtsbaum!!!
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Ein Sessel, auf dem Luther vor seinem Tod im Stadtschloß Eisleben gesessen haben soll, ist dort noch im jetzigen Hotel erhalten. – als einzige „Reliquie“! Alles andere, sein Sterbebett, der Putz mit dem angeblichen Tintenklecks auf der Wartburg, und weitere Ausstattungsstücke waren im Lauf der Zeit tatsächlich als Erinnerungsstücke zerteilt worden und verschwunden: Heiligenverehrung auf Lutherisch.
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In diesem Portraitkopf jedenfalls scheint Luther wissend und spöttisch auf seine Gemeinde herab zu blicken.
ABB 119-121
400. Thesen-Jubiläum wieder in Zeiten des Krieges:
Luther ist jetzt der Nationalheld, für den es sich zu kämpfen lohnt, der Hammer ist das Instrument, der Erzengel Michael versinnbildlich den Kampf mehrfach.
Auch Bismarck wird ins Boot geholt, für das deutsche Vaterland.
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1933 zum 450. Geburtstag gibt es in Eisleben schon große gelenkte Aufmärsche
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Und in den schwierigen gottesfernen Zeiten nach 1933 malt ein Arbeitsloser seine Dorfkirche aus, stellt ein Bildhauer einen 5. Apostel an die Naumburger Kanzel, lithographiert Ernst Barlach den vor dem Teufel zurück weichenden Reformator, der nicht mehr als Held dargestellt wird.
ABB127+128
Als Beispiel für die Lutherbilder in Nazideutschland soll dieses Brustbild stehen – die Mimik ist unheilschwanger, im Hinterkopf haben wir stets Luthers ganz anders gemeinte Judenschimpfe, die sich so gut instrumentalisieren ließ.
Vergleich mit einem Bildnis aus dem 18. Jh. zeigt den großen Unterschied, trotz des gleichen Stirnrunzelns.
ABB129+130
In die große Eiszeit zwischen BRD und DDR fällt der 500. Geburtstag Luthers. Die DDR , die bisher nur Thomas Müntzer als Bauernbefreier gefeiert hat und Luther zum frühkapitalistischen Fürstenknecht degradiert hatte, besinnt sich plötzlich ihres Helden und legt große Feiern auf, um ihr Image in der lutherischen Welt zu polieren. Künstler wurden zu Bildäußerungen aufgefordert. Auch das große Bauernkriegspanorama von Werner Tübke geriet in den Fokus, Er zeigt Luther mehrmals. Zentral am Becken des Lebens mit den Größen seiner Zeit. Das Bild wurde erst 1989 kurz vor Mauerfall fertig.
ABB131-137
Interessant ist, was wir aus den Arbeiten der DDR-Künstler herauslesen können.
ABB137-143
Und auch in diesem Jubiläumsjahr gibt es reiche künstlerische Auslese zu Luther
ABB144-146
Die Städte und Gasträume nutzen ihn als Werbeträger...
ABB147-161
...und die Reliquien- und Devotionalienbranche boomt auf Hochtouren,, wie Ihnen meine folgende innerdeutsche Auslese zeigen wird.
ABB163
Nach diesem medienträchtigen Lutherjahr wird es wohl niemanden in Deutschland und in der protestantischen Welt geben, der von Luther nichts gehört hat.
Aber wars das? Was bleibt? Kitsch und Kommerz, eine Bücherflut?
Hat Luther das verdient, diese facettenreiche, vielschichtige, auch kantige, aber hoch bedeutende, singuläre Persönlichkeit der Weltgeschichte?
Am besten schließen wir mit Stephan Balkenhols Luther-Beitrag und mit Luther selbst.
Am Vorabend seines Todes notiert er auf einem Zettel „Wir sind alle Bettler, das ist wahr“
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