Bericht vom 06.10.2014
Zeitgleich – Zeitzeichen 2014
Bundesweite Ausstellung im Bund Bildender Künstler BBK Sektion Stade-Cuxhaven im Bachmann-Museum Bremervörde vom 05. Oktober – 07. Dezember 2014
© Jutta de Vries
Zeitgleich – Zeitzeichen 2014
Bundesweite Ausstellung im Bund Bildender Künstler BBK
Sektion Stade-Cuxhaven im Bachmann-Museum Bremervörde
vom 05. Oktober – 07. Dezember 2014
Einführung zur Eröffnung am 5. Oktober 2014
©Jutta de Vries
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Künstlerinnen und Künstler im BBK Stade-Cuxhaven,
dieser Vormittag Anfang Oktober ist etwas ganz besonderes, und es lohnt sich sehr für uns, einmal inne zu halten und ein Zeitfenster zu öffnen, für das, was über die gesamte Bundesrepublik verteilt gerade zeitgleich stattfindet: nämlich Kunst!
Das ist gar nicht so selbstverständlich in Zeiten, in denen die kulturelle Bldung an Schulen immer mehr zurück gefahren wird und auch die Künstlerförderung der öffentlichen Hand eine starke Reduzierung erfährt.
Und außerdem:
Diese 6. bundesweite Ausstellungsreihe des Bund Bildender Künstler „Zeitgleich“ ist nämlich gar nicht so selbstverständlich, wie wir meinen könnten. Künstler und Künstlerinnen sind – und sollten es auch sein – stark individualistisch geprägt und brauchen in den meisten Fällen eigenen Raum für konzentriertes innovatives Schaffen. Im Allgemeinen lieben sie nicht den Zusammenschluß in einer Gruppe, weil befürchtet wird, daß diese in der Regel das Einzelprofil nivelliert.
Anders der Berufsverband: Hatte sich der „Bund Bildender Künstler (und Künstlerinnen) 1972 aus der Notwendigkeit heraus gegründet, eine stärkere Beachtung der professionellen Kunstschaffenden auf gesellschafts- und sozialpolitischer Ebene zu erzielen und auch Leistungen wie etwa Werk-Versicherungen und die Künstlersozialkasse zu befördern, waren seine Ortsgruppen und die einzelnen Mitglieder in ihrem Schaffen stets frei. (auch so frei, ihre Meinungen unverblümt zu äußern, und da kann es in den Sitzungen schon mal richtig hoch her gehen.)
Mit den Rahmenbedingungen für die Aufnahme von Mitgliedern gibt es strikte Anforderungen an die Professionalität - wichtig ist, dass die Kunstschaffenden mit ihrer Arbeit hauptberuflich tätig sind und damit den Lebensunterhalt bestreiten. Vielfalt und Divergenz aller künstlerischer Sparten von der Zeichnung über Malerei, Plastik, Bildhauerei, Fotografie, Installation oder Environment sind Programm.
Um die Vielfalt in der Einheit des BDK zu dokumentieren und ein stärkeres Instrument der Präsenz in der allgemeinen, auch kulturpolitischen Wahrnehmung zu erreichen, ist die Idee der „Zeitgleich“-Ausstellungen geboren worden. Erstmals wurde 1997 in 102 Städten das BBK-Potenzial mit großer Resonanz vorgestellt. Die Schirmherrschaft hatte damals Bundespräsident Roman Herzog, das zeigt schon den Bedeutungsschwerpunkt der damaligen Aktion. Dass „Zeitgleich“ inzwischen zum 6. Mal in regelmäßiger Folge stattfindet - diesmal unter der Schirmherrschaft von Frau Kulturstaatsministerin Monika Grütters - beweist auch den qualitativen Stellenwert, den die Verbandsarbeit kontinuierlich hält. Nachprüfen und bundesweit vergleichen läßt sich die allgemeine Qualität an dem umfassenden Katalogwerk, das auch dieses Jahr wieder opulent über die Ausstellungen, die Orte und die Künstlerpersönlichkeiten informiert. Er ist ein „übersichtliches, vor allem auch ein außerordentlich praktisches und schließlich auch noch ein sehr verführerisches Kompendium der aktuellen Kunst unserer Zeit“ wie Manfred Eichel, langjähriger „aspekte“-Moderator, in seiner Rezension in „kulturpolitik 3/2014“ anmerkt.
Die Ausstellungslandschaft ist dieses Jahr wieder weit gefächert, 49 Städte nehmen mit 62 Projekten teil. Die Schwerpunkte liegen in Hessen und Niedersachsen. Das freut uns natürlich besonders, trägt doch Bremervörde als Ausstellungsort hier im großartigen Bachmann-Museum zum Erfolg der „konzertierten Aktion“ bei.
Von den rund 30 Mitgliedern des BBK Stade-Cuxhaven sind 19 mit Ihren Arbeiten dabei und setzen umfangreiche Zeitzeichen in vielfältigen Techniken – Zeitzeichen auch insofern, als es sich um aktuelle Arbeiten handelt, die alle innerhalb der letzten 24 Monate entstanden sind . Wir erhalten also einen Überblick über die Strömungen der heutigen Kunstäußerungen, tatsächliche Zeitzeichen, die als „Zeichen“ erst von uns Betrachtenden „übersetzt“ werden müssen. Manchmal ist man da etwas ratlos, denn die Sprache der Künstler ist heute nicht mehr universell zu deuten, sondern jeder hat seinen individuellen Personalstil, und wir treten mit den Werken in einen Dialog, befragen sie zu ihrer Botschaft, schmunzeln über ihren virtuosen Witz oder freuen uns an einer schlichten Schönheit – oder wir reiben uns an Unsäglichkeiten und enigmatischen Ausdrucksformen, die möglicherweise künstlerische Zukunftsentwürfe sind – ganz frei nach dem Motto der Zeitgleich-Aktion, das die Kulturministerin mit einem Zitat von Else Lasker-Schüler ausgerufen hat: “Der Künstler trägt die Zeit nicht...an einer Kette; er richtet sich nach dem Zeiger des Universums, weiß darum immer, was die Urkuckucksuhr geschlagen“.
Ich möchte Ihnen nun die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler vorstellen.
Ein besonderes Thema ist in diesem Jahr nicht verbindlich genannt. Dennoch haben auch in der Stader Gruppe einige Künstler sich speziell auf das Titel-Thema „Zeit“ bezogen.
So zum Beispiel Raimund Adametz aus Oberndorf – er ist Bildweber, Maler, Organist und Objektkünstler; die Malerin Minke Havemann
aus Hagenah sieht Zeitzeichen im Erinnern; Birgit Jaenicke aus Buxtehude deutet in ihren kleinen Landschaftsformaten JahresZeit als Werden und Vergehen, die Malerin Imke Korth-Sander , Buxtehude, sieht in ihren abstrakten Arbeiten die Zeit als Entwicklung, Malerin Ingeborg Steinhage aus Bremerhaven verortet die Zeichenderzeit im menschlichen Gehirn. Eva-Maria Jensch, Malerin und Objektkünstlerin, lebt in der Wingst und hinterfragt in dieser Ausstellung das Übrig gebliebene; die Grafikerin Ingeborg Dammann-Arndt lebt in Sellstedt in der Nähe von Bremerhaven. Ihre plastischen gestrichelten Großformate implizieren das Thema Zeit geradezu körperlich; die Malerin und Installationskünstlerin Ute Seifert aus Ottersberg fordert eindringliches Warten und Suchen nach Orten und Zwischenräumen; Heide Duwe kommt aus Bremerhaven. Ihre feinen Libellenzeichnungen fliegen in die Unendlichkeit, während der Maler Herbert Eggert aus Cadenberge Halt im Konstruktiven findet. Der Maler Dirk Behrens aus Stade erforscht die Welt in 12 kleinen Formaten; Jeanette Clasen, Malerin aus Rotenburg, stellt eine großformatig farbig funkelnde „Sammlung“ vor. Auch Barbara Lorenz Höfer, Bildhauerin und Installationskünstlerin aus Buxtehude, sammelt: im Reliquienschrein der etwas anderen Art nämlich. Sarah Burkhardt , Malerin in Stade, stellt ihre Albträume den streng-schönen Tonplastik-Büsten von Birgit Lindemann gegenüber, die jetzt in Schleswig-Holstein lebt. Der Zeichner Christian Goldberg, jetzt Hamburg, ist mit drei gegenstandsfreien Zeichnungen aus der „mitgrau“-Serie vertreten, Fotokünstler Mike Behrens aus Hemmoor mit zwei virtuosen fotografischen Husarenstückchen; auch über die geknüpften Mixed-Media-Objekte der Bildgewebe-Künstlerin Annie Fischer aus Schloß Holte-Stukenbrock läßt sich trefflich schmunzeln, ebenso wie über die Skulpturengruppe der Holzbildhauerin Barbara Uebel, die in Hamelwördenermoor wohnt. Barbara Uebel ist auch die langjährige Vorsitzende der Regionalgruppe Stade-Cuxhaven im BBK. Barbara Uebel und Minke Havemann sind auch verantwortlich für die gelungene „Komposition“ der Werk-Präsentatio. In den hellen, großzügigen, aber nicht zu großen Kabinetten der oberen Etage im alten Amtshaus des Bachmann-Museumssind die Arbeiten im harmonischen oder diskursiven Kontext so angeordnet, dass beim Durchschreiten der Räume immer wieder interessante Einblicke und Ausschnitte die Wirkung der Kunst steigern.
Es wäre nun aber ein etwas surrealistisches Verfahren, meine Herren und Damen, wenn ich Ihnen die Werke, die Sie noch gar nicht gesehen haben, hier analysieren wollte. Daher möchte ich hier schließen und wir, die Künstler, Künstlerinnen und ich würden dann gern mit Ihnen vor den Arbeiten ins Gespräch kommen. Bitte scheuen Sie den Dialog nicht, wir brennen darauf!
Denn schon der alte Seneca stellt fest:
„Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen“. Ich lade Sie also herzlich ein, mit uns Zeitzeichen zu setzen.
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