Aktuell

News-Archiv
Zurück zur Übersicht
Bericht vom 29.05.2006

Michael Hensel - Menschen und Produkte

Ausstellung im Gründungs- und Innovationszentrum Stade

© Jutta de Vries

 

Michael Hensel - Fotografie

MENSCHEN UND PRODUKTE

 

Ausstellung im Gründungs- und Innovationszentrum Stade

Eröffnung Montag, 29. Mai 2006

EINFÜHRUNG

©Jutta de Vries

 

 

Meine sehr geehrten Herren und Damen,

 

Das ist die zweite Kunst-Ausstellung, die hier im neuen Gründungs- und Innovations-Zentrum Stade eröffnet wird – nach den malerischen Kommentaren zu Bischof Gottfried von Bremen von Schülerinnen und Schülern des Ottenbecker Malers Matthias Weber – auch er hat vor einigen Jahren hier eine neue Existenz gegründet - gibt es ab heute Fotografie von Michael Hensel zu sehen, und ich freue mich Ihnen einige Worte dazu sagen zu dürfen. Michael Hensel stammt aus Stade und hat nach dem Wirtschaftsabitur und einer Tischlerlehre eine Ausbildung zum Fotografen in Bremen absolviert.

Der jetzt 33jährige kehrte in seine Heimatstadt zurück und machte sich vor 5 Jahren im aufstrebenden Stadtteil Ottenbeck als junger Werbefotograf selbständig und steht dem GIS deshalb nahe. Denn wie Karen Ulferts, Leiterin des Zentrums, in einem Pressetext schreibt, „passt er als junger unternehmensorientierter Dienstleister auch beruflich gut in das Konzept des Zentrums, denn schließlich wird hier gerade diesen Unternehmen Freiraum zur beruflichen Entwicklung geboten“.

Michael Hensel wird hier nun mit dieser Ausstellung ein Freiraum zur künstlerischen Entwicklung geboten. 27 Arbeiten sind auf den langen Fluren im Erd- und Obergeschoss des früheren Kasernenbaus zu sehen, wobei die eigens als Hintergründe für Kunstwerke in den Gewehrschrank-Nischen angebrachten Lochbleche eine prima Folie bieten – sie bringen Kunst im Wortsinn auf den Punkt.

Fotografie ist eine junge Kunst und in Galerien und Museen erst seit einigen Jahrzehnten präsentiert und wurde auch erst zögerlich gesammelt, weil die künstlerische Wertigkeit einer Fotografie ziemlich schwer zu erkennen ist. In den letzten Jahren wird der Kunst der Fotografie allerdings ein immer größeres Interesse entgegengebracht, und die Pioniere des Metiers wie Gisèle Freund, Charlie Chaplin, Bernd und Hilla Becher oder Karl Blossfeldt sind regelrecht gefeiert und unbezahlbar.

Die Wertigkeit hängt nämlich von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, dass es sich um ein Massenmedium handeln kann. Denn die Anwendungsbereiche sind so unterschiedlich und die Grenzen so fließend: sie reichen vom Hobbyknipsen über Reportage, Dokumentation, Technik, Forschung, Medizin, Wirtschaft oder Werbung, hin bis zur bildenden Kunst.

Aufgrund der Möglichkeiten zur Massenreproduktion und der heutigen kinderleichten Handhabung der gängigen Apparate und der digitalen Entwicklungs- und Wiedergabemöglichkeiten ist die Fotografie nämlich zu einem eigenständigen „Aneignungs“- und Ausdrucksmittel geworden, das als universelles Kommunikationsmittel nur durch die Sprache übertroffen wird.

 

Die analoge Fotografie – der Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Lichtschrift“ ist ein Verfahren, dauerhafte Abbildungen durch Einwirkung von Licht auf lichtempfindliches Material herzustellen. In ihrer rasanten Entwicklung steht sie in engem Zusammenhang mit Technik und Naturwissenschaft – heute hat die digitale Fotografie das analoge Verfahren schon auf breiter Basis verdrängt - nur im Bereich der künstlerischen Fotografie kann man überhaupt nicht auf sie verzichten. In der Werbefotografie sind die digitalen Möglichkeiten oft von Vorteil.

Michael Hensel arbeitet mit Nikon Spiegelreflex-Kameras und hat in dieser Ausstellung neben digital fotografierten Arbeiten im Tintendruck auf Plakatpapier einen großen Anteil analog fotografierter Arbeiten, die per Hand auf edlem Barytpapier abgezogen sind.

Das anspruchsvolle Verfahren lohnt die Mühe, man kann per Hand die Entwicklung steuern und das Ergebnis der Bildwiedergabe in Tonigkeit, Kontrast und Schärfe künstlerisch beeinflussen und dadurch den Ausdruck des fertigen Werks steigern.

Es ist ja so, dass die Fotografie, obgleich sie mechanisch abbildet, ganz gewiss kein objektives Medium ist. Dazu sagt Gisèle Freund, die berühmte französische Fotografin der 1920er Jahre: „Die angeblich unbestechliche Linse erlaubt alle möglichen Deformierungen der Wirklichkeit, weil der Inhalt eines Fotos jedes Mal von der Art und Weise abhängt, wie der Fotograf die Geschehnisse aufgenommen hat und er von den Forderungen seiner Auftraggeber abhängig ist. Die Bedeutung der Fotografie besteht also nicht allein in der Tatsache, dass sie eine Schöpfung sein kann, sondern darin, dass sie eines der wirksamsten Mittel zur Formung unserer Vorstellungen und zur Beeinflussung unseres Verhaltens darstellt“. Auf der Basis der technischen Beherrschung kann sie also einerseits Schöpfung sein, also zweckfreie Kunst, andererseits ist sie ein Mittel zum Zweck, beispielsweise der gesellschaftlichen Massenbeeinflussung oder, harmloser natürlich, aber manchmal auch nicht ohne, Mittel zum Zweck einer Produktvermarktung und wird dann zu Werbefotografie, die aber trotz der Gebrauchswertigkeit mit künstlerischen Mitteln hohe Qualität und, was ja essentiell ist, hohe Effektivität erzielen kann.

Michael Hensel verbindet beide Stränge miteinander, und er bietet uns mit der Ausstellung „Menschen und Produkte“ ein breites Spektrum seiner Arbeit. Beide Gruppen sind in knapp umrissenen Zeiträumen entstanden, die attraktive Produktwerbung brandneu in 2005/06, die Porträts Ende der 1990er.

Da gibt es zunächst quadratische Produktfoto-Reihen, die Gegenstände unterschiedlicher Oberflächen und Formen isoliert „ins rechte Licht rücken“, quasi als Eigenwerbung, bildnerische Visitenkarte für potentielle Auftraggeber; Neben den freien Arbeiten sehen wir Produktwerbung aus Auftragsarbeiten in einer tiefenscharfen Präsenz, die an filmische Realisation grenzt – unglaublich kurze Verschlußzeiten machen Wein und Kokosmilch fließen wie Ströme im Paradies.

Dann begegnen uns Menschen – hippe, schöne Frauen und coole Männer turnen uns an: die Studien zu Friseurwettbewerben im Auftrag von Boris Reinert machen uns zusätzlich mit den kühlen oder rasanten Persönlichkeiten von Elena und Lucy bekannt; das Licht, hier luzide und beinahe schattenlos, dort punktgenau mit Reflexen wie bei Rembrandt und den Malern des Clairobscur – die reinsten Hingucker. Oder die Männerporträts aus Amsterdam, allesamt Rommelmarktszenerien, sind mal en face in großer Nahsicht, mal im Profil oder mit der umgebenden Erzählsituation aufgenommen, und geben die dichte Atmosphäre eines Zufallstreffens mit Vertretern der vielfältigen Spezies Mann wieder, sind Momentaufnahmen im Raum. Seine sehr heitere Seite zeigt der Fotograf uns mit der kleinen Serie „Bruno“. Bruno Lefevre, Hausmeister der Fachhochschule Buxtehude, für die Michael Hensel einen Auftrag ausführte, gefiel dem Fotografen so gut, dass er ihn zu Bewegungsstudien in feinem Zwirn überredete. Zur Sequenz gehört das Stilleben mit Brille und Blütenblättern dazu, eine Gattung, die sonst in der Ausstellung nicht vorkommt, die aber gerade in der Werbung hohe Appellationskraft hat.

Von menschlicher Begegnung, allerdings der einseitigen Art, sprechen die sehr dichten, stillen Arbeiten mit Parkbankschläfern in Budapest in der Zeit der Morgendämmerung, in der die Welt den Atem anhält.

 

Wir wollen natürlich alle nicht, dass Michael Hensel sich so oder ähnlich zur Ruhe begibt, im Gegenteil wünsche ich weiter viele erfolgreiche Produktaufträge und dazu noch Zeit für die freie Fotografie. Denn er kann Motive und Situationen erfassen, mit Bildausschnitt und Lichtwirkung die Stimmung sensibel einfangen und mit viel technischem Know-How ausdrucksstark steigern. So kommen poetische, anekdotische oder messerscharfe Botschaften auf mehreren Ebenen über, die Kunden und Kunstfreunden gefallen.

Alle Bilder als Zip-Archiv herunterladen   Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht