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Bericht vom 31.07.2016

Sommerliche Musiktage Hitzacker 2015

Fest-Musiktage-Buch, Freitag, 31. Juli

© Jutta de Vries

Sommerliche Musiktage Hitzacker 2015 
Fest-Musiktage-Buch,  Freitag, 31. Juli


Doric-Quartett? Nie gehört. Programm? Traditionell, Haydn, Beethoven, in der Mitte der britische Zeitgenosse  Thomas Adès. Auftritt? In Hitzacker beinahe ungewohnt, Schwarzer Schlips und weißer Kragen,  langes, kostbares Abendkleid, Lackschuhe!!! Ein biederer Retro-Abend?


Und da kommt die Überraschung, wie sie ja auf Festen gern mal präsentiert wird: innerhalb der Festkulturen  war das durchaus üblich, um das Geschehen für die Gäste immer neu und attraktiv zu machen, das zeigte ja Ulrike Brenning schon am Nachmittag charmant und kenntnisreich in ihrer vergnüglichen Hörerakademie auf.


Überraschung also: Schon gleich der erste Fanfaren-Akkord in Haydn’s op.76 Nr.1 ließ  in  Sachen Klangkultur aufhorchen. Und was das britische Quartett mit Alex Redington, 1. Violine; Jonathan Stone, 2. Violine; Hélène Clément, Viola und John Myerscough am Violoncello in der Folge musikalisch zu sagen hatte, war einfach außergewöhnlich gut. Mit Intelligenz analysiert, musikalisch in ausgeloteter Dynamik, Agogik und extremer Klangschönheit realisiert, mit Lust interpretiert im Sinn einer Vorstellung von „Ich feiere mein persönliches, stilles Fest“ so entwickelte sich dieses 1. der 6 Erdödy-Quartette im Sinn des Abend-Themas „Danksagung“. Berühmt und in Selbstvertrauen gestärkt war Haydn aus London zurück an den Esterházy-Hof gekommen und feiert mit diesem Auftragswerk selbstbewußt sein heimlich triumphierendes Fest.


Das Thema „Danksagung“ bezieht sich in diesem Konzert aber hauptsächlich auf das große späte Beethoven-Quartett op. 132,  das persönlicher nicht gedacht werden kann, weil im Autograph die Bezeichnungen für den 3. Satz „ Heilige Danksagung eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart. Molto Adagio – Neue Kraft fühlend. Andante“ auf eine  erfolgreiche Magen-Kur in Baden hinweisen. Diese grandiose Musik interpretiert das Doric-Quartett mit tiefer Einsicht, lotet alle spieltechnischen Möglichkeiten aus, um Qual und Freude, Nacht und Licht, Ehrfurcht und Heiliges Empfinden so darzustellen, daß sie aus der Zeit der Klassik schon weit ins Persönliche, ins Romantische zielen und  den späten Beethoven  dort positionieren.


Und Thomas Adès, der britische Shooting Star der letzten Jahre mit seinen eingängigen, programmatisch gut faßbaren neuen Klängen in „The Four Quarters“ von 2010: Das Stück ist schon fast zum Markenzeichen des Doric Quartetts geworden, so oft steht es auf ihrer Konzert-Agenda. Und dennoch hat der musikalische Ablauf eines Tages an Frische und Spielfreude nichts verloren. Besonders spannend ist der letzte Satz, den Adès einer imaginären  25. Stunde des Tages widmet – ist es diejenige, der wir Menschen all unsere Sehnsüchte, Hoffnungen, Zukunftsgedanken – und vielleicht auch Danksagungen widmen?


Dann war der heutige Abend eine solche 25.  Stunde.
Mit ihrem hochmusikalischen Persönlichkeitsstil, mit Delikatesse und Klangsinn spielte sich das Doric-Quartett glänzend in den Sternenhimmel. Und der glänzt noch viel mehr als die Lackschuhe...


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